Eine Diktatur hat Vor und Nachteile. Das Menschen über einen Kamm geschert werden und generell all in die selbe Richtung blicken sollten, ist logischerweise nicht leiwand.
Man könnte aber genauso gut von Nebenwirkungen sprechen die ins andere Extrem reichen. Zum Beispiel die wunderbare Abgeschlossenheit vom globalen Markt, die die guten Menschen von den Gräueltaten der westlichen Konsumwelt fern hält.
In den ‚unseren‘ Ländern scheinen die Meinungen durch das wunderbar zentralisierte Mediensystem auch über den ein oder anderen Kamm geschert zu sein. Nicht nur Hollywood’s Filme haben Muster die sich ständig wiederholen. Klar, wer nimmt schon für bare Münze was im Kino gespielt wird, ist ja nicht echt. Das Unterbewusstsein lässt grüßen – eine gewisse Konditionierung ist nicht zu vermeiden (zumindest solange man Gedanken noch nicht in ein Denkarium auslagern kann)
Wir bekommen ein Bild davon, was die Rolle von Liebe sein sollte, wie eine Partnerschaft idealerweise funktioniert. Reality Soaps, zeigen eine Realität die oft überhaupt nix mit der individuellen Erfahrung zu tun hat die junge Menschen im Aufwachsen erleben. (Da habe ich mich in jungen Jahren öfters Mal am Kopf gekratzt)
“Wenn man eine große Lüge erzählt und sie oft genug wiederholt, dann werden die Leute sie am Ende glauben.”
J.Göbbels
Gut das ist vielleicht etwas weit her geholt, aber es ist ja nicht ungewohnt, das in den Medien gewisse Botschaften zum Mantra werden. Die Realität wird mit Leichtigkeit in die nächst größte Schublade eingepasst. Was veranlasst Menschen Angst zu haben, wenn sie durch eine dunkle Gasse gehen? Warum sind Terrorristen heutzutage wirklich überall, und warum werden alle Menschen die einen schlechten Tag haben, plötzlich so genannt. War das in meiner Kindheit auch schon so?
Das Leben ist für jedes Individuum und sogar für jeden einzelnen Furz jedes Individuums so verschieden, das man nie sagen könnte wer von den beiden jetzt die korrekte Weltanschauung hat.
Ganz besonders gut sieht man den Unterschied in Ländern wie Iran wo die Abgeschlossenheit gegenüber der Außenwelt, ganz besondere Auswirkungen hat. Spannend, vor allem für Reisende. Doch darüber hab ich ja eh schon geschrieben. Bis jetzt ist mir noch nicht eingegangen woher diese grandiose Warmherzigkeit dort kommt. Es fehlt einfach die Angst vor dem Nächsten. Vor dem der dir Sachen wegnehmen, und dich im Wettbewerb überholen könnte.
Das gewisse imperialistische Länder genau das wiederholt als die Achse des Bösen portraitieren, hat sicher strategische Gründe, aber sicher keinen Furz mit der Wahrheit zu tun.
Mir ist immer wieder aufgefallen, das gerade Reisende aus westlichen Staaten, und vor allem aus Amerika diejenigen sind, die ihre Tasche nie aus den Augen lassen können, auch wenn sie nur Mal kurz auf die Nummer zwei gehen. Wenn sie etwas ohne Herrchen liegen bleibt, würden sie nie damit rechnen das es nach einer Viertelstunde noch immer dort weilt.
Myanmar
Die Isolation und Herrschaft der Generäle in Myanmar hat der Bevölkerung nicht den Wohlstand gebracht, das ist klar. Das obere Perzentil hat die Macht und (in weiterer Folge) das Geld auf ihre Seite geholt und gut festgemacht. Und das wäre heute immer noch so, wenn nicht die erste freie Wahl seit 20 Jahren (2010) die Verhältnisse etwas umgestaltet hätte. Wer heutzutage die Fäden in der Hand hält, darüber kann man streiten, nicht aber über die Veränderungen die inzwischen statt gefunden haben wie zum Beispiel:
Die Sim-Karten Revolution
Vor 2010 war es für den Normalbürger praktisch unmöglich an eine Sim Karte kommen. Nicht nur der Preis war für dortige Verhältnisse astronomisch (ca.2000 Dollar), auch für die Verteilung gab es eine Art Lotteriesystem. Die einzigen Menschen die sich so etwas leisten konnten waren entweder sehr reich, oder hatten gute Freunde in der Regierung.
Und warum eine Sim Karte kaufen, wenn man eh niemand damit anrufen kann. Bis dahin war es üblich das vor jedem zweiten Häuserblock eine ‘Oma’ vor einem kleinen Tischerl mit Festnetztelefon sitzt, und gegen etwas Kleingeld dich mit deinen Freunden verbindet. Eine Art persönliche Telefonzelle (ohne Wände). Was auch nicht immer so einfach ist wie es klingt, weil die Gegenstelle die betreffende Person auch erst finden muss.
Bis 2014 war der Mobilfunkmarkt klar aufgeteilt, es gab nur zwei Unternehmen. Eines davon in der Hand der Militärs, und das andere privat, aber sicher auch unter guter Beobachtung.
Mit der Öffnung des Marktes tauchen dann zwei weitere Unternehmen auf die Unsummen in die Infrastruktur investieren. Mit Preisen von 2 Dollar bieten Oredoo aus Katar und Telenor aus Norwegen, Sim Karten für alle jedermann an.
Das, und die Kombination von importierten chinesischen Billigsmartphones führen dazu dass in jedem noch so kleinen Dorf, Telefonshops spriessen, und die Leute mit diesen kleinen Wunderwerken der Technik überschwemmt werden.
Und, ein neuer Job ist entstanden: Der Telefonverkäufer (und Reparierer).
Die meisten Leute haben nie den Sprung vom Ziegeltelefon zum Smartphone gemacht, sondern sind gleich mit Touchscreen eingestiegen. Vorinstalliert Facebook, Viber, und Wechat.
Der Kauf ist gleichzeitig eine Dienstleistung.
Natürlich hat kaum jemand in Myanmar einen Email Account. Also hat der örtliche Verkäufer schon ein paar leere Facebookaccounts in der Schublade und gibt dir auch 50 Freunde oben drauf. Gratis, und ready to go. Wenn das Telefon kaputt oder verloren geht, gibt es einen Neuen. Das ist pragmatisch.
Und führt dazu dass die Leute einen komplett anderen Umgang mit diesen Technologien haben als wir, die wir ja schon ewig sozialiert sind. Sie sind ein bisschen wie Kinder, die ein Smartphone geschenkt bekommen haben.
Facebook ist ja nicht nur das soziale Netzwerk sondern auch der Ort für Nachrichten, Gossip und private Fotos.
Viele Menschen haben kein Bild davon, was passiert, wenn sie etwas auf Facebook hochladen, dass das blaue Hirn nicht vergisst.
Bei den Jungen kommt noch dazu die Timeline in sozialen Netzwerken ein Statussymbol ist. Und das in einem Land, wo es ultimativ wichtig ist, sein Gesicht zu wahren. Apropos Gesicht: auch ganz spezielle Photo Apps, nämlich jene die einen ‚Whitening Filter‘ eingebaut haben, finden hier guten Absatz. Denn eine helle, und fleckenlose Haut gibt einen Haufen extra Likes.
same same, but different
Viel ist bei uns diskutiert worden was der Einfluss von sozialen Netzwerken ist, wie damit umzugehen sei und was mit der Generation passieren wird die nicht aus kann, weil sie damit aufgewachsen ist.
Die Leute in Myanmar sehen das unkompliziert.
Die Menschen die wir interviewt haben, finden es toll dass sie jederzeit in Kontakt mit ihren Freunden sind, aber haben oft im selben Atemzug auch gesagt, dass leicht Zwischenmenschliches verloren geht, wenn jeder am Tisch nur mit seinem Bildschirm interagiert. Gerade Burma hat eine Tradition im mündlichen Weitergeben von Geschichten und das soziale Umfeld und die Familie hat höchsten Stellenwert.
Wir haben auch andere Geschichten gehört, wo es Trennung und gar Scheidungen gab, weil der eine Teil ein besseres Gegenstück auf Facebook gesehen, und dann den falschen (oder richtigen) Button getoucht hat.
Es ist erfrischend zu sehen, wie diese Netzwerke aussehen, wenn sie ohne Rezept genutzt werden. Quasi reiner Pragmatismus, weil man gerne Menschen um sich hat, selbst wenn das Gespräch nur über eine virtuelle Tastatur läuft, und mehr in der Vorstellung als im Gegenüber lebt.
Und es hat seine Vorteile, dass man keine Webseite mehr bauen muss sondern seine Waren einfach auf einer Facebook Seite anbietet und den Deal über Wechat abschließt. Neue Geschäftsfelder tun sich auf.
Es waren die Interessen der Militärs die die Entwicklung so lange gehemmt hatten, und es sind die Interessen der Geldgeber im Internet die das digitalen Wässerchen leicht verschmutzen können. “Geld regiert die Welt”, wie lange noch bis es heißt “Bitcoin regiert die Welt”? Eine dezentrale Währung die nicht kontrolliert werden kann, die es nur im Internet gibt, und (scheinbar) unaufhaltsam Momentum aufnimmt…
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